Früher Sammler, heute Nerd – wissenschaftliches Sammeln im Wandel der Zeit
27. Januar 2024 bis 11. August 2024
Wir Menschen begannen unsere historische Existenz als Jäger und Sammler. Das Auflesen von Nahrung oder Materialien für die Werkzeugherstellung war überlebenswichtig. Doch schon in der Steinzeit ging das Sammeln von Rohstoffen und Ideen über die primäre Versorgung hinaus, wie man anhand früher Schatzkammern, gefüllt mit steinernen Venus-Figurinen, erkennen kann. Psychologen sprechen von einem der Individualentwicklung aller Menschen eigenen Bedürfnis. Sammeln bedeutet Abstrahieren, Ordnen, Begreifen. Das Systematisieren vorgefundener Objekte schafft Übersicht in der Vielfalt und trägt zum Verständnis der uns umgebenden Lebenswelt bei.
Die Ausstellung widmete sich dem Sammeln und Bewahren naturwissenschaftlicher Objekte früher und heute. Welche Motivation stand hinter den Sammlern, in welcher Art und Weise entstanden ihre Kollektionen? Anhand von Sammlungen des Hauses wurde deutlich, dass sie die Grundlage für Erkenntnisse der natur- und erdgeschichtlichen Vielfalt der Region und darüber hinaus lieferten. Ihre Pflege, Erweiterung und forschende Nutzung ist im Angesicht des weltweiten Artensterbens wichtiger denn je. Die Sammler von gestern brauchen die Nerds von morgen!
Neugierige erwartete im historischen Barockzimmer eine breite Palette von Mineralen, Gesteinen und Fossilien im Kontext der Biografien ihrer Sammler – von Bürgern Geras aus der Goethe-Zeit bis hin zu aktuellen Methoden der Präparation und Restauration. Im Foyer verwiesen Paradiesvögel und Großwild-Trophäen aus der deutschen Kolonialgeschichte auf den Raubbau an der Natur aus Prestigegründen. Historische Insekten-, Pflanzen- und Pilzsammlungen konnten mit ihren modernen, wissenschaftlich geführten Pendants verglichen werden, indem die dahinterliegende Motivation, die verwendeten Mittel und Methoden sowie deren Ergebnisse präsentiert wurden. Ein kleiner Exkurs zeigte den individuellen Werdegang vom Kastaniensammeln in der Kindheit über klassische Fehler und Irrtümer der ersten Amateursammlung bis hin zur Professionalisierung. Es wurden großformatige FAQs, also häufig gestellte Fragen zu Sinn und Nutzen privaten und wissenschaftlichen Sammelns in unserer heutigen Gesellschaft beantwortet und so mehr Mut zur „Nerdiness“ im positivsten Sinne gemacht.