Fragmente aus der Geschichte des Stadtarchivs Gera
Ein exaktes Datum für die Gründung des Stadtarchivs Gera konnte bisher nicht ermittelt werden. Eines der frühesten, im Stadtarchiv überlieferten Schriftzeugnisse, in denen explizit die Einrichtung Archiv genannt wird, stellt ein Buch der „Raths Cammerey“ dar, in welchem unter Ausgaben für den Rathausbau im Jahr 1773 ein Betrag von 6 Gulden und 18 Groschen an den Maurermeister Gießman für ein „neues Archiv“ genannt werden. Doch infolge der Zerstörung des Rathauses im Zuge des großen Stadtbrandes 1780 kam es zum Verlust des Großteils des papiernen Gedächtnisses der Stadt. Im Jahr 1811 befasste sich der Stadtrat schließlich mit der Thematik des Ordnens der städtischen Verwaltungsunterlagen. Besonderer Wert wurde nunmehr auf die Feuerfestigkeit der Unterbringungsmöglichkeit für die städtischen Akten gelegt und dem Archiv ein Gewölbe im Rathaus neben den Fleischbänken zugedacht. Das seit 1866 mit der Ratsbibliothek vereinigte Stadtarchiv musste in der Folgezeit mehrfach die Räumlichkeiten wechseln.
Die Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg führten zur Auslagerung wertvollen Archivgutes im Umfang von 12 Kisten in den Kellern der Pfortener Brauerei in 20 Metern unter der Erde. Aus der Nachkriegszeit ist ein Beschwerdeschreiben des ersten hauptamtlichen Archivars der Stadt Gera, Ernst Paul Kretschmer (1887-1957) vom 21. Oktober 1947 überliefert:
„Längere Schreib- und Registrierarbeit ist in dem eiskalten, ungeheizten Archivgewölbe in der kalten Jahreszeit nicht möglich. Mit erstarrten Fingern, Strohschuhen an den Füßen und dicken Wolldecken über den Knieen kann wirklich andauernde Arbeit nicht geleistet werden. Die Temperatur beträgt höchstens 6-8 Grad.“
1952 endete mit seiner 37-jährigen Dienstzeit eine der produktivsten Phasen der Geraer Archivgeschichte. Bis zur Einstellung Klaus Brodales als Stadtarchivar im Jahr 1981 (bis 2016) erfolgte keine kontinuierliche Besetzung des Archivs. Seit Dezember 2016 leitet Christel Gäbler das Stadtarchiv Gera, das sich seit 1995 in der Gagarinstraße 99 befindet.