14. Aenne-Biermann-Preis für deutsche Gegenwartsfotografie
Juryentscheidung zum 14. Aenne-Biermann-Preis für deutsche Gegenwartsfotografie
Die Stadt Gera und die SV SparkassenVersicherung haben die Gewinnerinnen und Gewinner des 14. Aenne-Biermann-Preises gekürt.
Vertreterinnen und Vertreter der Stadt Gera sowie Fachleute auf dem Gebiet der Kunstgeschichte und Fotografie stellen 2023 die Jury. Dr. Verena Titze-Winter und Julia Crowley von der SV SparkassenVersicherung als Mitveranstalter des Wettbewerbs, Holger Peter Saupe und Anne-Kathrin Segler vom Museum für Angewandte Kunst, Dr. Jule Schaffer als Referatsleiterin Sammlung Fotografie, Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) und die Künstlerin Alba Frenzel als Gewinnerin des 13. Aenne-Biermann-Preises wählten die Beiträge aus.
Auf dem ersten Platz, dotiert mit einem Preisgeld von 3.000 €, sieht die Jury den Mixed-Media Beitrag „Eine unsichere Bank“ der Leipziger Künstlerin Stefanie Schroeder. Ihre Arbeit überzeugt durch eine unkonventionelle Herangehensweise an das Medium Fotografie. „Eine unsichere Bank“ verbindet Lesung, Performance und gefundenes Material. Die Künstlerin entwickelte die Arbeit über einen längeren Zeitraum hinweg zu einem Fotofilm über Bewertungskultur und prekäre Arbeit.
Der Fotograf Kai-Uwe Schulte-Bunert zeichnet in seiner Fotoserie „Dante, ein Bauer“ ein unmittelbares und intimes Bild eines älteren alleinstehenden Landwirts im italienischen Hinterland. Der Milchhof, den er seit 50 Jahren pachtet, soll in Kürze an einen Investor verkauft werden. Schulte-Bunert erhält den zweiten Platz dotiert mit 1.500 €.
Die Arbeit „Deponie“ ist Tobias Kruses fotografische Reise durch Ostdeutschland, ausgehend von der Deponie Schönberg bei Schwerin. Kruses assoziative Schwarz-Weiß-Aufnahmen von Landschaft und Menschen stehen zwischen Härte, Poesie, Abstraktion und Gegenständlichkeit. Kruse erhält eine Anerkennung für sein Werk von 1.000 €. Die Künstlerin Felicitas Fäßler und der Künstler Florian Glaubitz erhalten für ihre Werke „residues“ und „Mutter Architektur“ jeweils ein Preisgeld von 1.000 €.
Die Veranstalter des 14. Aenne-Biermann-Preises können dieses Jahr auf eine rege Beteiligung zurückschauen. Anfang des Jahres hatten sich 150 Fotografinnen und Fotografen mit mehr als 300 Werkserien online am Wettbewerb beteiligt.
Namenspatin des Wettbewerbs, der seit 1992 im regelmäßigen Turnus von zwei Jahren ausgelobt wird, ist die Künstlerin Aenne Biermann. Als Autodidaktin fertigte sie in den 1920er- und 1930er-Jahren mehrere Tausend Fotografien an, die jedoch aufgrund des Zweiten Weltkrieges nicht mehr alle erhalten sind. Das Museum für Angewandte Kunst verwahrt einen der größten Bestände ihres Werkes in Deutschland.
Die feierliche Preisverleihung zum 14. Aenne-Biermann-Preis findet am 21. November um 18 Uhr im Museum für Angewandte Kunst statt. Die prämierten Arbeiten sind bis zum 11. Februar 2024 zu sehen. Zur Ausstellung wird eine Publikation erscheinen.
Aus dem Archiv:
Die Künstlerin Aenne Biermann
Aenne Biermann fertigte in den 1920er-Jahren erste Fotografien an. In der Biermann Villa, welche sich in der heutigen Leibnitzer Straße in Untermhaus befand, richtete sie sich eigens eine Dunkelkammer ein. Die frühen Fotografien ihrer Kinder Helga und Gerd besitzen vor allem familiären Erinnerungswert. Schnell entstanden in der Folge erste experimentelle Aufnahmen von Pflanzen, Mineralien und Steinen. Biermann erprobte zunehmend die Gestaltungsmöglichkeiten der Fotografie. Als Autodidaktin eignete sie sich die Feinheiten im Umgang mit dem Medium und das notwendige technische Wissen selbst an. Der Kunstkritiker Franz Roh, der Geologe Rudolf Hundt und der Architekt Thilo Schoder zählten zu ihren Förderern. Ihre Aufnahmen wurden in wichtigen internationalen Ausstellungen der Zeit präsentiert.
Aenne Biermanns Fotografien kennzeichnen ungewöhnliche Perspektiven, fein beobachtete Schattenspiele, extreme Beleuchtungskontraste sowie eine ungewohnte Nähe zum Dargestellten. Sie suchte nach interessanten Formen und Strukturen, oft verbunden mit dynamischen Linien. Dafür fotografierte sie nicht nur vorgefundene Szenerien sondern arrangierte und inszenierte die Motive auch entsprechend ihrer Vorstellung. Im Jahr 1932 waren ca. 3000 Negative von Aenne Biermann archiviert. Circa 400 Fotografien sind heute noch erhalten.
Das fotografische Werk der Aenne Biermann wird dem Neuen Sehen der 1920er- und 1930er-Jahre zugeordnet. Fotografinnen und Fotografen dieser Stilrichtung richteten den Blick auf die Vielfalt alltäglicher und scheinbar nebensächlicher Dinge. Indem sie vergängliche Momente und den Detailreichtum verschiedener Oberflächen, Materialien und Formen einfingen, wurden diese bildwürdig. Ausgangspunkt der Arbeiten war vielfach das Bestreben, sich die Wirklichkeit in objektiver und dokumentarischer Weise anzueignen.
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