Geras Gleichstellungbeauftragte traf die Gute-Momente-Macherinnen
Zum Kindertag am 20. September ein Appell an in Streit oder Trennung geratene Eltern, für ihre Kinder mutig zu sein!
Verfahrene Situation, alles geht schief, Streit, Trennung – oft die Folge: Kinder mit Problemen in der Schule, Alpträume, Kinder nässen wieder ein, verhalten sich auffällig. Was tun, insbesondere bei so einer schwierigen Lebenssituation wie einer Trennung?
Anlässlich des Kindertages am 20. September besuchte Geras Gleichstellungsbeauftragte (GB) Catrin Heinrich in der Reihe „GB traf …“ die Beratungsstelle für Eltern, Kinder, Jugendliche vom Trägerwerk Soziale Dienste in Thüringen gGmbH (twsd) in Gera-Lusan. Ein multiprofessionelles Team von Sozialpädagoginnen und Psychologinnen berät unter anderem bei Trennungssituationen der Eltern. Fünf Frauen sind da für Familien, Lebensgemeinschaften, Kinder und Jugendliche mit dem Fokus auf dem Kindeswohl, rund um die Themen Erziehung und Familie. Antworten auf Fragen gab das Team mit Andrea Ruthenbeck, Claudia Rothacker, Astrid Fischer, Carmen Jakob, Katharina Hausmann und Melissa Koch:
1. Bin ich zu schwach, wenn ich bei meinen Trennungsproblemen nicht allein klarkomme, sondern Hilfe brauche?
Zu viele Eltern beantworten diese Frage mit ja – aus Scham und Versagensangst. Jetzt ist es entscheidend, mutig und stark zu sein und sich Unterstützung zu holen. Manche Dinge im Leben brauchen Hilfe von Dritten. Und bei uns, wie auch bei vielen anderen Beratungsstellen, bleibt alles Gesagte im Raum.
2. Wann ist der Zeitpunkt, sich an Sie zu wenden?
Wer in einer Trennungsphase einschätzt, das könnte schwierig werden, sollte sich möglichst frühzeitig beraten lassen. Ist der Rosenkrieg einmal ausgebrochen, fügen die Dornen auch den Kindern Schmerzen zu.
3. Welche häufigen, auf die Kinder bezogenen Fehler machen Trennungs-Paare?
Häufig kommt es vor, „der bessere“ Elternteil sein zu wollen und dies als „Event- Wochenend-Papa/Mama“ auszugestalten. Auch benutzen Partner ihre Kinder oft als Botschafter für Themen, die sie selbst klären sollten. Zwei Ebenen sind zu trennen: die Paarebene – also die Beziehung der Partner untereinander, und die Elternebene – also die Beziehung von Mama und Papa in ihrer Elternrolle. Oft vermischen die Eltern unbewusst die Paar- und die Elternebene. Hier sollten die Eltern die Kinder ebenso aus den Paarkonflikten wie aus daraus resultierenden persönlichen Verletzungen heraushalten. Die Kinder könnten in schwere Konflikte geraten, bei denen sie nicht mehr wissen, was richtig oder falsch ist.
4. Wie unterstützen Sie die Eltern in solchen Situationen?
In kritischen Zeiten verlieren Eltern oft den Blick auf das Kind, auf die Ressourcen der Familie und auf das, was gut funktioniert. Sie verfangen sich stattdessen im „negativen Scheinwerferblick“ und belichten vorwiegend das, was nicht läuft. Eltern brauchen in Problemsituationen den geweiteten Blick auch auf die Dinge, die gut laufen. Sie sollten diese nicht als selbstverständlich hinnehmen, sondern als positives Guthaben, auch um sich darüber zu stärken.
5. Wie gelingt dieser erweiterte Blick?
Wir unterstützen dies, indem wir Eltern unter anderem fragen: Was wünschen Sie sich für die Zukunft Ihres Kindes? Was davon leben Sie als Eltern vor? Eine weitere Methode, um die Kinder zu stärken, kann sein, die guten Momente zu sammeln und sichtbar zu machen. Eltern können diese zum Beispiel abends zusammen mit dem Kind aufschreiben und in ein Glas geben. Wenn dort viele Zettel gesammelt sind, ist sichtbar, wie viel Gutes es gibt und wie viele Schätze bereits da sind.
6. Wie stärken die guten-Momente-Zettel die Kinder?
Ein Thema ist das Stärken der sogenannten Resilienzfaktoren – also der Faktoren, die Kinder widerstandsfähiger machen; die guten Momente machen dabei sowohl den Eltern als auch dem Kind bewusst, was das Kind an wertvollen Ressourcen mitbringt,– zum Beispiel förderliche soziale Kontakte auch außerhalb der Familie. Der bisher auf Probleme gerichtete, energiezehrende Scheinwerferblick bekommt jetzt ein „Gegengewicht“ mit dem Blick auf Positives. So können die Familien mit frei gewordener Energie beginnen, an ihren Lösungen zu arbeiten.
7. In Trennungssituationen liegt ein hohes Risiko für häusliche Gewalt. Welche „No- Gos“ geben Sie Eltern mit?
Wir geben keine No-Gos mit im Sinne von „gibt es nicht oder geht nicht“ – wenngleich jede Gewalt ein No-Go ist: körperliche oder psychische Gewalt, jede Form von Missbrauch, die Gewalt in Peergroups – also unter Gleichaltrigen, zum Beispiel durch Mobbing. Dazu gehört auch die von Kindern beobachtete Gewalt beim Streit der Eltern.
Gewalt beginnt bei Beleidigen, Bloßstellen und Erniedrigung des Selbstwertes. Auch Doppelbotschaften gehören dazu, wenn zum Beispiel ein Elternteil sagt „Ich habe dich lieb.“ – aber schaut das Kind dabei verhasst an. Diese Diskrepanz von nonverbaler und verbaler Kommunikation spüren Kinder und das verunsichert sie stark.
8. Ihr Wunsch zum Kindertag am 20. September?
Wir wünschen uns für alle Kinder, dass sie in Frieden und Geborgenheit aufwachsen können. Auch in schwierigen Situationen oder gesellschaftlichen Problemlagen sollten sie und ihre Bedürfnisse nicht aus dem Blick geraten sowie verlässliche Hilfe garantiert sein.
Zur Beratungsstelle:
- Unterstützung von Eltern und anderen Erziehungsberechtigten bei der Klärung und Bewältigung individueller und familienbezogener Probleme und der zugrundeliegenden Faktoren, bei der Lösung von Erziehungsfragen sowie bei Trennung und Scheidung
- Hilfe zur Selbsthilfe
- Vertraulich
- Freiwillig
- Konfessionsunabhängig
- Kostenfrei
Kontakt:
- Werner-Petzold-Str. 27, Gera;
- 0365 32094; ezb-gera@twsd.de;
(Gleichstellungsbeauftragte Catrin Heinrich besucht mit „GB traf …“ unter anderem die Mitglieder des Geraer Netzwerkes gegen häusliche Gewalt, zu dem auch diese Beratungsstelle gehört.)