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Termine 2022

Tabu in den Fokus: Fachtag gegen häusliche Gewalt

Am Donnerstag (29.09.) fand der „Fachtag zur Umsetzung der Istanbul-Konvention“ unter der Federführung des Geraer Netzwerk gegen häusliche Gewalt, dem Dezernat Jugend und Soziales sowie der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Gera statt. Dieser hatte das Ziel, sich darüber auszutauschen, wie in Gera Gewalt wirkungsvoller verhindert und wie Gewaltbetroffenen noch professioneller geholfen werden kann. „Gewalt geht die ganze Gesellschaft an, und insbesondere häusliche Gewalt wird oft tabuisiert. Unser Anspruch muss es sein, das Thema stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken und Prävention zu leisten“, so Sandra Wanzar, die Dezernentin für Jugend und Soziales der Stadt Gera. „Uns muss es gelingen, den Betroffenen Schutz zu bieten und zu zeigen, dass sie nicht allein sind. Ich danke daher den vielen starken Partnern, die sich im Netzwerk und für den Fachtag engagieren“.

Seit Anfang 2021 beschäftigen sich das Netzwerk, insbesondere in einer Unterarbeitsgruppe, intensiv mit der Frage, wie die Umsetzung der Istanbul-Konvention unterstützt und begleitet werden kann. Als Erstes wurde eine Befragung zu Angeboten für von häuslicher und sexueller Gewalt Betroffene Frauen in Gera innerhalb des Geraer Netzwerkes gegen häusliche Gewalt durchgeführt. „Die Ergebnisse wurden im Dezember 2021 dem Oberbürgermeister zur Verfügung gestellt mit der Bitte, die Umsetzung der Konvention sichtbar und konkret zur städtischen Angelegenheit zu machen. Der durchgeführte Fachtag wurde ab Anfang 2022 gemeinsam mit dem Dezernat Jugend und Soziales und der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Gera geplant, mit dem Ziel, andere vorhandene Geraer Netzwerke, Bündnisse und Gremien der Stadt in die Thematik einzubinden und die gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse in die integrierte Sozialplanung einfließen zu lassen.“, führt die Sozialdezernentin weiter aus.

v.l.: Charline Köhler (Referentin Dezernat Soziales), Sandra Wanzar (Dezernentin für Jugend und Soziales), Anke Lenz (Caritas Verband Ostthüringen e.V.), Bettina Krause (Familienberatung Gera der Diakonie Thüringen), Cartrin Heinrich (Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Gera) und Kathrin Engel (Interventionsstelle GeSa Südostthüringen). © Hagen Bottek
v.l.: Charline Köhler (Referentin Dezernat Soziales), Sandra Wanzar (Dezernentin für Jugend und Soziales), Anke Lenz (Caritas Verband Ostthüringen e.V.), Bettina Krause (Familienberatung Gera der Diakonie Thüringen), Cartrin Heinrich (Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Gera) und Kathrin Engel (Interventionsstelle GeSa Südostthüringen)

Wie notwendig Arbeit gegen Gewalt ist, begründet Kathrin Engel, Mitarbeiterin der Interventionsstelle Gera Saalfeld gegen häusliche Gewalt: „Leider belegen wissenschaftliche Untersuchungen und Statistiken, dass in Deutschland jede vierte Frau mindestens einmal in ihrem Leben von körperlicher und/oder sexueller Gewalt durch ihren Lebenspartner betroffen ist. Jede zehnte Frau erlebt diese Gewalt mehrfach als sogenannte häusliche Gewalt. 2020 endete das für 132 Frauen und 26 Männer tödlich. Von der Geraer Polizei wurde von 138 Frauen und 30 Männern als von häuslicher Gewalt Betroffene berichtet. Auch Männer erfahren Gewalt, aber die am stärksten von häuslicher und geschlechterspezifischer Gewalt Betroffenen sind Frauen“.
Sie kenne viele Betroffene von Gewalt und wisse, was diese oft mehrfach erlebte Gewalt mit ihnen mache und wie schwer es ist, sich von den psychischen und physischen Folgen zu befreien. „Bei der Istanbul-Konvention liegt mir besonders am Herzen, dass das rechtlich gültige Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt konkrete positive Auswirkungen entfaltet für von Gewalt betroffenen Frauen. Wir im Netzwerk schaffen gemeinsam mit der Verwaltung und den Partnern Strukturen, damit Gewalt gegen Frauen in Gera durch mehr Bildung, Aufklärung und Prävention in der Zukunft stärker verhütet werden kann - dass Männer und Jungen hierbei besonders in den Blick genommen und angesprochen werden.“ Oberstes Ziel sei zu jedem Zeitpunkt die schnellere Hilfe für Betroffene: So gäbe es immer noch viele Hürden bei der zielgerichteten Suche nach Unterstützung. „Oft werden Suchende von Stelle zu Stelle geschickt und verlieren den anfänglichen Mut wieder“, erklärt Kathrin Engel.

Dem Netzwerk „Häusliche Gewalt“ gehören etwa 20 öffentliche Einrichtungen, Institutionen und Vereine aus Gera wie die Stadtverwaltung, das Frauenhaus, der Weiße Ring, die Interventionsstelle gegen Gewalt oder die Landespolizeiinspektion Gera an. Das Netzwerk arbeitet aufklärend und präventiv zu häuslicher Gewalt. Die kommunale Vernetzung ermöglicht eine enge abgestimmte Zusammenarbeit aller Fachstellen und Berufsgruppen in Gera. Dadurch sollen die Opfer von häuslicher Gewalt schnell und rechtssicher Schutz und Hilfe erhalten.