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Dates 2023

30 Jahre Weißer Ring Gera: Nicht Opfer bleiben - Leben selbst in die Hand nehmen

Geras Gleichstellungbeauftragte traf ein Team vom Weißen Ring e.V.

Beim Treffen (v.r.): Außenstellenleiter Weißer Ring Gera Hubert Grieser, Jana Böhme und Elke Bendl und Catrin Heinrich. © Stadt Gera
Beim Treffen (v.r.): Außenstellenleiter Weißer Ring Gera Hubert Grieser, Jana Böhme und Elke Bendl und Catrin Heinrich

Die Gleichstellungsbeauftragte (GB) der Stadt Gera, Catrin Heinrich, besucht in diesem Jahr Mitglieder des Geraer Netzwerkes gegen Häusliche Gewalt. Sie möchte damit auf die zahlreichen Beratungs- und Hilfeangebote aufmerksam machen, damit Hilfesuchende wissen: Ich kann mich an viele Beratungsstellen anonym, kostenlos wenden.

Catrin Heinrich ist seit rund einem Jahr selbst Mitglied in dem Geraer Netzwerk, in dem über 20 Einrichtungen kooperieren, um Hilfen und Beratungsangebote je nach Anliegen von Betroffenen an Stellen auch zu vermitteln, die am besten helfen können. Die Gleichstellungsbeauftragte veröffentlicht zu den Treffen mit den Netzwerkmitgliedern auch Infos unter www.gera.de/gleichstellung und sie ist Ansprechpartnerin bei Anliegen rund um Gleichstellung in Gera sowie zu Gewaltschutz und –prävention bei häuslicher Gewalt unter 0365 838-1050 und gleichstelllungsbeaufragte@gera.de.

Vor 30 Jahren am 26. März 1993 gründete sich die Geraer Außenstelle des Weißen Ring e.V. Zum Jubiläum und zum diesjährigen Tag der Kriminalitätsopfer am 22. März traf Catrin Heinrich drei Ehrenamtliche vom Weißen Ring: Außenstellenleiter Hubert Grieser, Elke Bendl, Jana Böhme, um auf deren Arbeit aufmerksam zu machen. Der Verein ist Mitglied des Geraer Netzwerkes gegen Häusliche Gewalt mit rund 20 Einrichtungen zur Hilfe für Betroffene.

Kontakt:

WEISSER RING e.V., Außenstelle Gera
Beratungstermin vereinbaren über 0365 5485754 oder gera@mail.weisser-ring.de
bundesweites Telefon 116 006 oder Onlineberatung unter https://www.weisser-ring.de

Beratungsschwerpunkte

1. Gespräche über Geschehnisse und Möglichkeiten, mit der Gewalttat umzugehen
2. Entschädigung, Kostenübernahme Erstberatung bei Psychologe, Rechtsanwalt
3. Begleitung zu Gericht & Polizei

10 Antworten vom Team des Weißen Ring Gera

1. Sie stellen zunehmend Stalking fest. Wann sollten Betroffene handeln?
Tatsächlich zählt Stalking neben Körperverletzung und häuslicher Gewalt, Sexual- und Eigentumsdelikten zu den häufigsten Delikten. Das sagen sowohl die Statistik unseres bundesweiten Vereins mit rund 400 Anlaufstellen als auch unsere Erfahrungen mit jährlich rund 60 Fällen. Betroffene sollten handeln, sobald sie kein normales Leben mehr leben: wenn jemand sie verfolgt, ihren neuen Aufenthaltsort ausspioniert, wenn Drohanrufe oder Anrufe mit unterdrückter Telefonnummer sich wiederholen, bei bedrohlichen digitalen Nachrichten und wenn sich jemand zu Hause nicht mehr sicher fühlt und schon panisch wird, wenn es an der Tür klingelt … dann ist Hilfe angesagt.

2. Wie gut hilft die No-Stalk-App?
Die App macht es leicht, Handlungen von Tatausübenden über Fotos, Videos, WhatsApp-Nachrichten mit dem Smartphone zu dokumentieren. Wichtig ist es - ob mit App oder als Notiz oder Fotoausdruck - Beweismittel gerichtssicher zu erfassen.

3. Was sind die schwierigsten Herausforderungen für Opfer nach einer Gewalttat?
Es kommt auf die Tat an. Bei häuslicher oder körperlicher Gewalt ist es oft die Angst und Scham, sich jemandem anzuvertrauen, bei Männern oft mehr als bei Frauen. Auch sollen Verwandte und Freunde nicht belastet werden. Im ländlichen Raum ist die Scheu bei Mann und Frau groß, sich zu wehren, zu reden, weil Gewalt als Schande empfunden wird.

4. Wie ermutigen Sie, sich zu öffnen?
Wir sensibilisieren, nicht lebenslang Opfer zu bleiben, sondern selbstbestimmt das Leben in die eigene Hand zu nehmen und sich von Lasten möglichst zu befreien.

5. Wie nützlich empfinden Betroffene Ihre Hilfe?
Ihnen hilft der Austausch. Manchen genügt ein Gespräch, andere benötigen mehrere Monate. Betreute schätzen uns als mentale Partner, die nicht „bohren“ – wir sind ja keine Ermittler. Wir bedrängen nicht, sondern besprechen Handlungsmöglichkeiten. Betroffene entscheiden selbst, was sie tun oder lassen. Und viele brauchen uns beim Gericht. Nach dem Mut und der Stärke eine Anzeige zu erstatten, steht manchmal eine Gerichtsverhandlung an - für Ungeübte nicht leicht. Hier helfen wir und vermitteln bei Bedarf auch professionelle Gerichtsbegleiter.

6. Mann, Frau – kann ich eine beratende Person aussuchen?
Ja. Und wir sind in den Gesprächen immer zwei Personen vom Verein. Für den ersten persönlichen Beratungstermin stehen wir meist schon innerhalb von einer Woche zur Verfügung. In dringenden Fällen raten wir zu unserer 24-h-Onlineberatung oder zur Polizei.

7. Womit können Sie Opfern über Gespräche hinaus helfen?
Wir können beraten zu möglichen Hilfen zum Beispiel über die Rentenversicherung und Krankenversicherung für Heil- und Krankenbehandlung, psychotherapeutische Versor-gung in Traumaambulanzen und mehr. Der Weiße Ring kann auch direkt unterstützen wie bei Wohnungseinbrüchen, um den Ursprungszustand wieder herzustellen zum Beispiel für ein neues Türschloss.

8. Und was steht Opfern zu laut Opferentschädigungsgesetz?
Opfer erhalten dann Unterstützung, wenn gesundheitliche Einschränkungen mit Langzeitfolgen aufgrund einer Gewalttat eintreten. Dabei muss das Opfer nachweisen, dass die Einschränkungen durch eine Gewalttat verursacht wurden. Das ist oft nicht ganz einfach und entscheidet das Landesverwaltungsamt. Wir beraten zur Antragstellung.

9. Was bewegt Sie, ehrenamtlich zu helfen?
Wir wollen mit Menschen und für Menschen Gutes tun, nicht nur nehmen, sondern auch zurück geben an die Gesellschaft im Miteinander und indem wir aufeinander achten.

10. Sie suchen Verstärkung im Team, welche Voraussetzungen erfordert Ihr Ehrenamt?
Interessierte sollten ehrenamtlich in ihrer Freizeit helfen und sich weiterbilden wollen. Sie sollten gute Gesprächsfähigkeiten haben, mobil und teamfähig sein und müssen ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis ohne Einträge haben. Und dann gehen alle Neuen zunächst mit einem erfahrenen Beratenden mit und absolvieren eine Ausbildung über den Weißen Ring in juristischen und psychologischen Grundlagen sowie zu speziellen Kriminalitätsthemen. Diese Seminare sind kostenfrei. Die Mitarbeitenden müssen zum eigenen Versicherungsschutz Mitglied im Verein werden, das geht schon ab 2,50 Euro im Monat. Und da wir uns als Verein nur über Spenden, Mitgliedsbeiträge, Erbschaften sowie Zuwendungen von Gerichten oder Staatsanwaltschaften finanzieren, kann auch über diese Möglichkeiten die Vereinsarbeit unterstützt werden. Opfer sind zu nichts verpflichtet, für sie ist alles kostenfrei.

Mehr zum Weißen Ring und Netzwerk gegen häusliche Gewalt Gera

www.weisser-ring.de/weisser-ring/der-verein

www.gera-stadt-thueringen.weisser-ring.de

www.handle-jetzt.de