Mai 2022: Der Grüne Knollenblätterpilz
Das Objekt des Monats Mai im Museum für Naturkunde Gera ist der tödlich giftige Grüne Knollenblätterpilz. Dieser gehört wie der giftige Fliegenpilz (Amanita muscaria), aber auch der seit der Antike als einer der „besten Speisepilze überhaupt“ bezeichnete Kaiserling (Amanita caesarea) zu den Wulstlingen. Das äußerst wirksame Gift des Grünen Knollenblätterpilzes heißt Amatoxin. Dieses kann auch durch Kochen und Braten nicht unschädlich gemacht werden. Ein einziger Pilz kann bei Genuss zum Tod führen.
Im September 2021 fanden Mitarbeiter des Museums für Naturkunde Gera mitten in Gera-Lusan mehrere Grüne Knollenblätterpilze und brachten sie ins Museum, denn die Sonderausstellung „Tödliche Schönheiten“ sollte den wegen seiner Verwechslungsgefahr sehr gefährlichen Giftpilz unbedingt zeigen. Ein Exemplar der gebrachten Pilze wird getrocknet als Exsikkat, ein weiteres als Feuchtpräparat in Formalin konserviert, aufbewahrt. Von allen Pilzen wurden nicht nur die genauen Funddaten dokumentiert, sondern für spätere Untersuchungen auch kleine Genproben genommen.
Vier Exemplare, alle in verschiedenen Stadien eines Knollenblätterpilzlebens, sollten als dauerhaft haltbare und möglichst „echt“ aussehende Kunstharz-Nachbildungen erhalten werden. Was sich so leicht sagen lässt, stellte den Präparator des Museums vor schwierige Probleme. Bisher nur drei Präparatoren in Deutschland befassen sich überhaupt mit Abgüssen von Original-Pilzen. Das Museum für Naturkunde Gera gehört seit 20 Jahren dazu. Die Schwierigkeiten waren speziell: Die äußerst zarten Ringe an den Stielen sollten im Originalzustand abgeformt werden – sehr schwierig. Die Lamellen der Wulstlinge stoßen die für die Negativform notwendige Silikon-Abgussmasse ab, es tritt durch die Sporen der Pilze ein Lotus-Effekt auf, der die vielen, äußerst feinen Lamellen zusammenkleben lässt. Die Stielbasis des Grünen Knollenblätterpilzes besteht außen aus vielen, sehr feinen Zellfäden, zwischen die das Silikon dagegen leider weit hineinläuft – schlecht für eine genaue Oberflächenwiedergabe. Durch die letztendlich gelungene Abformung entstanden weiße Pilzrohlinge aus Epoxydharz, die möglichst naturgetreu mit Künstler-Ölfarben bemalt werden sollten. Dafür wurden vor dem Abgießen der Original-Pilze Farbrezepte angefertigt. Das Aufbringen der sehr haltbaren und lichtechten Farben war eher ein „Farbaufstreicheln“, welches allerdings 12 Tage mit täglichem Aushärten im Wärmeofen in Anspruch nahm. Wirkliche Herausforderungen der Bemalung waren, neben den vielen sehr kleinen Farbtupfern auf der Hutoberfläche, die feinen Zickzack-Muster auf den Pilzstielen. Die Pilznachbildungen des Grünen Knollenblätterpilzes sind nun in einer Vitrine der aktuellen Sonderausstellung, neben einer Reihe anderer Pilzreplikate, zu bewundern. Sie werden aber bestimmt noch bei Pilzausstellungen zum Erntefest im Botanischen Garten zu sehen sein. Derzeit ist eine Lücke zwischen den einzelnen Lebensstadien zu entdecken. Dort soll, vielleicht noch 2022, ein gerade aus dem Boden gekommenes, noch fast weißes „Hexenei“ eingesetzt werden..