April 2022: Topaskristalle aus der Ukraine
Das Objekt des Monats im Museum für Naturkunde Gera ist ein Exemplar des Edelstein-Minerals Topas. Das Mineral Topas besteht aus Aluminium, Fluor, Silicium, Sauerstoff und Wasserstoff. Mit Härte 8 ist es sehr hart, aber weicher als Korund und Diamant. Auf Muttergestein sitzen bei diesem Stück zahlreiche Topaskristalle mit abwechselnd hellblau-bräunlicher Farbe. Solch einen Verbund von Kristallen eines Minerals auf dem originalen Muttergestein nennt man Stufe, in diesem Fall also Topasstufe. Insgesamt misst dieses stattliche Stück 16 x 15 x 9,5 cm. Die hier vorgestellte Topasstufe aus der Ukraine kann bis zum 24. Juli 2022 in der Kabinettausstellung „Topas – Mineral des Jahres 2022“ im Museum für Naturkunde besichtigt werden. Dort steht sie neben zwei weiteren Topasen von Volodars‘k Volyns‘kyj harmonisch in einer Vitrine zusammen mit anderen Topasen aus Russland und Kasachstan.
Das Museum für Naturkunde hat die Topasstufe im Jahr 1992 von einem Mineralienhändler für 90,00 DM erworben. Der damalige Kaufpreis ist aus heutiger Sicht unvorstellbar günstig. Der Wert solcher Stufen hat sich in der Zwischenzeit enorm erhöht. Weil gerade in der Zeit der 1990er Jahre Minerale von Fundstellen der ehemaligen Sowjetunion geradezu zu Spottpreisen vertrieben wurden, hat das Museum für Naturkunde die Gelegenheit genutzt und heute eine nicht ganz unerhebliche Sammlung davon. Grund des Ankaufs der Topasstufe und zahlreicher anderer Minerale war der Aufbau der langjährigen Ausstellung "Minerale – Bausteine der Erdkruste“, die 1995 bis 2011 im Endgeschoss des Museums gezeigt wurde.
Anschließend erhielt die Topasstufe einen ständigen Platz im Mineralienhöhler des Museums. Der genaue Fundort der Topasstufe liegt bei der Stadt Volodars‘k Volyns’kyj ca. 35 km nördlich von Žitomir in der nördlichen Ukraine. Entstanden sind die Topaskristalle am Ende einer Tiefengesteinskristallisation bei Temperaturen von 600 bis 700°C aus granitischen Restschmelzen, die einen sogenannten Pegmatit bildeten. Die Pegmatite von Volodars‘k Volyns‘kyj sind weltweit für spektakuläre Minerale bekannt, darunter vor allem die schönsten gelb-grünen Heliodore („Goldberylle“) unseres Planeten, aber auch Topase.
Gezielt abgebaut wurden diese Edelstein-Minerale über 60 Jahre während der Zeit der Sowjetunion bis 1991 in Tagebauen und Gruben mit bis zu 150 m Tiefe. Damals war das Vorkommen sogar zeitweise ein Staatsgeheimnis. Die Kristalle kamen in großen Kristalldrusen mit bis zu 5 x 3 x 2 m Größe vor. Nicht nur die mit Kristallen ausgefüllten Hohlräume erreichten beeindruckende Größen, auch die Dimension der darin geborgenen Kristalle selbst war atemberaubend. So wurde z. B. 1985 ein 117 kg schwerer, weingelber Topaskristall mit 82 x 37 x 35 cm Größe gefunden. Zusammen mit ihm wurden ca. 100 weitere große Topaskristalle mit einer Gesamtmasse von über einer halben Tonne geborgen, darunter auch weitere Riesenkristalle mit je 116 und 110 kg Masse. Der einzigartige Kristall ist wie auch die anderen aus diesem Fund leider nicht mehr erhalten. Weil die Kristalle Edelsteinqualität hatten, wurden sie wohl vollständig zerkleinert und verschliffen. Der heute größte noch erhaltene Topaskristall von Volodars‘k Volyns’kyj befindet sich in Moskau. Er wurde in den 1950er Jahren gefunden und wiegt 68 kg. Besonders typisch und auffällig bei den Topasen von Volodars‘k Volyns’kyj ist, dass ihre Farbe innerhalb eines Kristalls nicht homogen ist. Oft sind die Kristalle zumindest zweifarbig, wie auch beim Exemplar im Museum für Naturkunde.