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2024

April 2024: der Tropfen aus dem glühenden Glasregen

ein rundes Objekt, welches mit zahlreichen kleinen Strukturen überzogen ist. © Frank Hrouda - Stadt Gera
Ein 5,3 x 4,6 cm großes, rundliches, schwarz-glänzendes und 91,5 Gramm schweres Gebilde im Museum für Naturkunde in Gera. Seine Oberfläche ist nicht glatt, sondern mit zahlreichen kleineren und größeren Strukturen überzogen. Am auffälligsten sind die kleinen rundlichen Vertiefungen, die aussehen wie kleine Krater - ein Tektit

Das Objekt des Monats der Geraer Museen ist ein 5,3 x 4,6 cm großes, rundliches, schwarz-glänzendes und 91,5 Gramm schweres Gebilde im Museum für Naturkunde Gera. Seine Oberfläche ist nicht glatt, sondern mit zahlreichen kleineren und größeren Strukturen überzogen. Am auffälligsten sind die kleinen rundlichen Vertiefungen, die aussehen wie kleine Krater. Was so merkwürdig und wie von Menschenhand gestaltet anmutet, ist jedoch ohne menschliches Zutun entstanden, denn es handelt sich um einen echten Tektit.

Die Bezeichnung rührt vom griechischen tektos her, was in etwa „geschmolzen“ bedeutet. In der Tat sind Tektite bei geradezu apokalyptischen Ereignissen unter Einwirkung extremer Hitze entstanden. Am Anfang ihrer Entstehung stand immer ein Einschlag eines großen Meteoriten auf der Erdoberfläche. War er groß genug, entstanden beim Aufprall auf unseren Planeten so ungeheure Kräfte, dass Gestein der Erde in kleinsten Momenten flüssig aufgeschmolzen und regelrecht „weggespritzt“ wurde. Diese flüssigen und glühenden Gebilde flogen dann mit hoher Geschwindigkeit zum Teil weite Strecken durch die Atmosphäre und landeten erstarrt zu Glas in einem sogenannten Streufeld. Die Narben und Vertiefungen auf der Oberfläche des Tektits entstanden erst anschließend durch Korrosion des Glases durch die chemischen Einflüsse des umgebenden Bodens.

Nur wenige Tektitstreufelder sind heute auf der Erde bekannt. Dieser Tektit stammt aus dem größten bekannten Streufeld, dem sogenannten australasiatischen Streufeld, das etwa 10% der Erdoberfläche bedeckt. Es erstreckt sich im Wesentlichen über Teile Südostasiens und Australiens. Form und Oberflächenstruktur verraten, dass dieser Tektit höchstwahrscheinlich in Thailand, Vietnam oder in den chinesischen Provinzen Guangdong und Hainan gefunden wurde. Exakter ist der Fundort leider nicht bekannt. Zu jedem Tektitstreufeld der Erde gehört ein verursachender Impaktkrater. Den Einschlagkrater, der für die Entstehung dieses Tektits und der Millionen anderer australasiatischer Tektite verantwortlich ist, hat man über viele Jahre gesucht. Aktuell geht man davon aus, dass er sich auf dem Gebiet des heutigen Laos befindet. Der Mega-Einschlag, der damals viel Leben in einem weiten Umkreis auslöschte und in dessen Folge es auf 10% der Erde Glas „regnete“, ereignete sich vor rund 790.000 Jahren.

Dieser schöne Tektit ist das erste Exemplar dieser Art in der Sammlung des Museums für Naturkunde Gera. Erst im Februar 2024 gelangte er als Spende nach Gera, als die Erfurter Mineralienfreunde die mineralogischen Sonderausstellungen des Museums besuchten und den Tektit als „Gastgeschenk“ übergaben. Eingeordnet wurde er in die sogenannte „petrografische Lehrsammlung“ des Museums. Das ist eine Sammlung mit typischen Musterexemplaren von magmatischen und metamorphen Gesteinen, sowie Sedimentgesteinen. Sie dient dem Unterricht rund um den Gesteinskreislauf im Museum, den z. B. alljährlich die zukünftigen Geografielehrer und -lehrerinnen in Anspruch nehmen. Tektite gehören durch ihre Entstehung tatsächlich zu den Gesteinen, genauer gesagt zur großen Gruppe der magmatischen Gesteine wie Granit und Basalt. Im Gegensatz zu diesen sind Tektite allerdings ausgesprochen exotisch und außergewöhnlich.