Zwei Jahrzehnte "Elsteraue-Hofwiesen" in Gera: Zeitreise durch ein Sanierungsgebiet
Rückblicke, Ergebnisse, Perspektiven
Nach zwei Jahrzehnten intensiver Stadterneuerung wurde das Sanierungsgebiet "Elsteraue-Hofwiesen" durch einen Stadtratsbeschluss Ende 2021 aufgehoben. Eine erste Beschlussvorlage zur Gebietsaufhebung war von den Mitgliedern des Bauausschusses zurück in die Stadtverwaltung verwiesen worden. Primär ging es in den Diskussionen um den Bereich Bärenweg/ Theaterstraße, dessen Weiterentwicklung in engem Zusammenhang mit der ursprünglich vorgesehenen Verlängerung der Westtangente bis zur Hans-Otto-Straße steht. Dazu Michael Sonntag, Baudezernent der Stadt Gera: „Mit Blick auf das Gesamtprojekt und auf das Erreichte handelt es sich bei den noch offenen Maßnahmen um einen sehr geringen Teil der ursprünglich festgelegten Ziele. Das Gesamtsanierungsziel im Gebiet Elsteraue-Hofwiesen, die Schaffung eines multifunktionalen Volksparkes sowie die Neuordnung und Gestaltung der sich im Umfeld befindlichen Stadtbereiche, wird davon nicht beeinflusst und wurde zu 100 Prozent erreicht. Damit ist die Stadt Gera laut Baugesetzbuch verpflichtet, die Sanierungssatzung aufzuheben.“ Demnach müssten neue Strategien unabhängig vom bestehenden Verfahren für den gesamten Bereich vom Bärenweg mit den Bahnanlagen bis zum Wasserturm an der Eselsbrücke und nicht nur für das kleine Teilstück, das sich derzeit im Sanierungsgebiet befindet, entwickelt werden. Ähnliches gilt für den zukünftigen Umgang mit dem Mühlgraben; und auch der Bau des Freibades, der im Rahmen des BUGA-Budgets nicht mehr realisierbar war, sei nicht an die Festsetzung eines Sanierungsgebietes gebunden. „Es ist nicht ungewöhnlich, dass Sanierungsziele während der Laufzeit eines Sanierungsgebietes immer wieder Anpassungen erfahren. Die Gründe dafür sind vielfältig: geänderte Vorgaben, neue Erkenntnisse, alternative Ausführungen oder Unrentabilität. Ein Weiterbestehen des Sanierungsgebietes ohne Aussicht auf Förderung bringt keinen Sanierungsfortschritt und ist daher nicht zielführend“, so Michael Sonntag weiter.
Sanierungsgebiet seit 2000
Das Sanierungsgebiet „Elsteraue-Hofwiesen“ wurde im Rahmen der Vorbereitung für die Bundesgartenschau 2007 entwickelt. Bereits im Dezember 2000 erfolgte die Festsetzung durch den Geraer Stadtrat. Damit einher ging die Aufnahme des 59 Hektar großen Gebietes in das Bund-Länder-Programm „Städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen“. In den folgenden Jahren fand eine intensive Umgestaltung und Sanierung des Areals unter Einbezug von Städtebaufördermitteln statt, die sich an den 2002 definierten Schwerpunktzielen orientierten:
- Gestaltung eines multifunktionalen Volksparks
- Einbeziehung der Flächen westlich der Elster
- Aufwertung der Weißen Elster
- Weiterentwicklung der Schlossachse zwischen Theater und Mohrenplatz als stadtbildprägendes kulturhistorisches Erbe
- Durchlässigere Gestaltung der Barrieren Bahndamm und B2
- Weitere Erhöhung der Wohnqualität des Quartiers „Uferstraße/ Schellingstraße/ Kantstraße/ Biermannplatz
- Sanierung des Theaters und Umgestaltung des Theaterplatzes
- Schaffung ausreichender Kapazitäten für den ruhenden Verkehr zur Sicherung einer multifunktionalen Nutzung der Kultur- und Sportangebote
- Aufwertung des Biermannplatzes
- Rekultivierung des Mühlgrabens
- Modernisierung des Sportbades
Ergebnisse: Ein Spaziergang durch Auengebiet und Hofwiesen 2021
Der Spaziergang beginnt am westlichen Elsterufer auf dem circa 3,9 Hektar großen Textima-Gelände, das in Vorbereitung der Sanierungsmaßnahmen durch die Stadt erworben wurde. Nach Freilegung der Flächen entstanden hier ein Kunstrasensportplatz mit einem modernen Mehrzweckgebäude und eine Bildungseinrichtung. In Kürze sollen hier zusätzlich neue Wohnhäuser am Fuße des Stadtwaldes gebaut werden. Weiter führt der Weg über den Textima-Steg auf die andere Seite der Weißen Elster, das östlichen Ufer. Hier befanden sich um das Stadion in großen Bereichen versiegelte Flächen, die alle zurückgebaut wurden. Der alte Festplatz wurde verlagert; er befindet sich heute wie auch der Neubau der Panndorfhalle im benachbarten Sanierungsgebiet „Parkstraße“. Den Autofluss, der täglich über die vierspurige Straße am Stadion floss, gibt es nicht mehr; hier entstand ein verkehrsberuhigter Bereich. Mit dem Abriss des Gebäudes der ehemaligen Grundschule wurde Raum für den Hofwiesenpark gewonnen, benannt nach den Mitte des 17. Jahrhunderts erstmals erwähnten „Hofwiesen“, eine weite, ursprünglich unbebaute Fläche zwischen dem damaligen westlichen Rand der Stadt und der Weißen Elster. Der Name verweist auf das in unmittelbarer Nähe gelegene Schloss Osterstein des Fürstentums Reuß jüngerer Linie. Heute, zwei Jahrzehnte nach Festsetzung des Sanierungsgebietes und 14 Jahre nach der BUGA, gehört das circa 30 Hektar große Areal zu einer der beliebtesten Naherholungsgebiete in Gera, eine Garten- und Parklandschaft, die sowohl mit dem Grünzug der Weißen Elster als auch mit dem Stadtzentrum eng verflochten ist.
Der Hofwiesenpark ist ein wahrer Volkspark mit großzügigen Grün- und Spielflächen und einem neu-ausgebauten Fuß- und Radewegenetz. Das innerhalb des Parks gelegene „Stadion der Freundschaft“ wurde ebenso saniert wie das heutige „Hofwiesenbad“. „Die Bedeutung dessen, was hier über einen Zeitraum von zwei Jahrzehnten für die Stadt Gera und ihre Bevölkerung geschaffen wurde, kann gar nicht hoch genug bewertet werden. Auch über ein Jahrzehnt nach der BUGA besticht der Hofwiesenpark durch seine Blumenpracht, seine weite und hügelige Landschaft, die verschlungenen Wege und nicht zuletzt durch die liebevoll gepflegten Gärten. Das zeigt, wie hoch die Gerschen den Park als Aufenthaltsort wertschätzen, der auf vielfältige Weise erlebbar ist“, so Dr. Thomas Prill, Leiter des Stadtplanungsamtes, über das Sanierungsergebnis.
Weitere realisierte Maßnahmen bis 2020:
- Erneuerung der an den Hofwiesenpark angrenzenden barocken Parkanlage „Küchengarten“, die gemeinsam mit dem Solitärbau der Orangerie in neuem Glanz erstrahlt.
- Neugestaltung der Wohnquartiere am Biermannplatz, der als grüner Stadtplatz umgestaltet wurde.
- Auch in der Theaterstraße ist Sanierungsfortschritt erkennbar. In Kürze beginnt die umfassende Erneuerung des Einzeldenkmals Theaterstraße 8. Hier entstehen 14 hochwertige Eigentumswohnungen.
Investitionen im Überblick
Mit der Festsetzung als Sanierungsgebiet war es der Stadt Gera wie auch privaten Immobilienbesitzern seit 2002 möglich, Sanierungsmaßnahmen durchzuführen und zur Deckung der Kosten verschiedene Bund-Länder-Programme aus der Städtebauförderung in Anspruch zu nehmen bzw. die Aufwendungen für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen steuerlich geltend zu machen. Insgesamt wurden für die Sanierungsmaßnahmen im Gebiet „Elsteraue-Hofwiesen“ rund 24 Millionen Euro Fördermittel eingesetzt; davon allein 16 Millionen aus den Bund-Länder-Programm „Städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen“ sowie 6 Millionen Euro aus dem Landesprogramm strukturwirksame Maßnahmen. Die Sanierung des Stadions wurde durch die Sportförderung mit 934.000 Euro unterstützt. Hinzu kamen 50.000 Euro aus der Nichtregelförderung zum Rückbau der Straße am Stadion sowie zur Sanierung des Faulenzerweges und des Gartens der Villa Jahr. Der Ausbau des Radwanderweges Thüringer Städtekette wurde mithilfe der Fördermittel der EFRE GA Tourismus in Höhe von 700.000 Euro realisiert. Private Eigentümer von Immobilien, die sich innerhalb des Sanierungsgebietes befinden, können durchgeführte Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen 12 Jahre lang steuerlich geltend machen. Im Rahmen dieser Bescheinigungen wurde eine Investitionshöhe von rund 8 Millionen Euro festgestellt.
Ein herber Rückschlag für die Sanierungsbemühungen im Gebiet „Elsteraue-Hofwiesen“ war das Hochwasser- und Starkregenereignis 2013. Gleichzeitig bot sich mit der Wiederherstellung die Chance zur weiteren Ausgestaltung mithilfe von Fördermitteln.
Offene Fragen und Perspektiven
Einige im Rahmen der Sanierungssatzung für das Gebiet „Elsteraue-Hofwiesen“ festgesetzte Ziele wurden nicht oder nur teilweise erreicht bzw. aus triftigem Grund im Laufe des Verfahrens aufgegeben. Dazu gehören im Wesentlichen die Rekultivierung des Mühlgrabens ebenso wie die Weiterführung des Baus der Westtangente und der Bau des Freibades. Die Aufhebung des Sanierungsgebietes steht einer möglichen späteren Umsetzung dieser Vorhaben grundsätzlich nicht entgegen.
Mit der Aufhebung der Sanierungsgebiete "Parkstraße" und „Elsteraue-Hofwiesen“ verschiebt sich auch der Fokus der Stadtentwicklungsbemühungen in Gera für die nächsten Jahre. „In Zukunft geht es darum unsere Kräfte für die Weiterentwicklung der Sanierungsgebiete Stadtzentrum und Ostviertel/ südliche Innenstadt zu bündeln. Dabei wird das Thema Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle spielen. Dies gilt vor allem für die Umsetzung von Geras Neuer Mitte. Ebenso gilt es Synergien zum Nutzungskonzept für das Haus der Kultur herzustellen“, so Dr. Thomas Prill in diesem Zusammenhang. Zusätzlich bestehe auch im Sanierungsgebiet „Ostviertel/Südl. Innenstadt“ großer Handlungsbedarf zur Erneuerung der Verkehrsinfrastruktur. Für den Bereich „Elsteraue-Hofwiesen“ rücken im Unterschied dazu nun vor allem Fragen nach dem Erhalt des Geschaffenen – etwa durch ein neu aufzustellendes Parkpflegewerk – in den Vordergrund.
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