Ein Jahr nach den Waldbränden: Wie geht es dem Geraer Stadtwald heute?
Konnte sich der Stadtwald nach den Waldbränden des letzten Jahres erholen oder sind Aufforstungen nötig?
Ziemlich genau ein Jahr ist es mittlerweile her, seit der Geraer Stadtwald von Waldbränden heimgesucht wurde. Gleich mehrfach musste die Feuerwehr Mitte Juli 2022 in Richtung Martinshöhe und im Bereich Ernsee Richtung Hohle ausrücken, um die Flammen zu bekämpfen. Die dabei verbrannten Flächen des Waldes waren im Vergleich zur Gesamtfläche überschaubar, dennoch stellt sich nun die Frage: Wie geht es dem Stadtwald heute? Konnte er sich an den betroffenen Stellen regenerieren? Die Antwort lautet: Ja, der Wald erholt sich. Der Sukzessions-Prozess schreitet voran. Die vor einem Jahr niedergebrannten Flächen sind heute bereits wieder von verschiedenen Gräsern und Sträuchern besiedelt, sodass optisch nur noch wenig an die Brände erinnert. Auch neue Bäume graben bereits ihre Wurzeln ins Erdreich, um die verschiedenen Areale künftig zu begrünen. „In zehn Jahren wird man nichts mehr davon sehen, dass es hier einmal gebrannt hat“, erklärt Revierförster Ronald Felgner, der die Entwicklung des Geraer Stadtwalds seit mehr als zwei Jahrzehnten beaufsichtigt.
Aufforstungen sind nicht nötig
Waldbrände wirken sich auf die Stabilität und die Vitalität der Waldökosysteme durch komplexe Zusammenhänge aus. Die Folgen werden durch Dauer, Intensität und Ausmaß des Brandes bestimmt. Im Stadtwald handelte es sich hauptsächlich um sogenannte Bodenfeuer. Diese führen zur Verbrennung des bodennahen Pflanzenbewuchs und der Streuauflage. Die Bäume wurden unterschiedlich je nach Baumart ebenfalls geschädigt.
Das Ökosystem Wald besitzt eine natürliche Regenerationsfähigkeit, die dazu beiträgt, entstandene Wunden zu heilen. Das kann man an Waldbrand-Stellen besonders gut beobachten: Stück für Stück holt sich die Natur das Gelände zurück. Auf diese Weise findet auch eine natürliche Verjüngung des Baumbestandes statt. Aufforstungen sind daher nicht nötig. Nun gilt es, den jungen Bäumen ein möglichst ungestörtes Heranwachsen zu ermöglichen. Das heißt zum einen, schneller wachsenden Pflanzen wie zum Beispiel verschiedene Gräser zurückzuhalten, die den Jungbäumen gegebenenfalls den nötigen Freiraum streitig machen. Zum anderen gilt es, die Schösslinge vor dem im Stadtwald lebenden Rehwild zu schützen, für das das frische Grün ein ausgesprochener Leckerbissen ist.
Der naturnahe Waldumbau ist daher ein zentrales Thema, um den Wald widerstandsfähiger zu machen: Statt der früher üblichen Nadelbaummonokulturen, die durch das Harz in ihren Nadeln besonders gut brennen, geht die Entwicklung hin zu mehrschichtigen Mischwäldern mit hohem Laubholzanteil. In diesen breiten sich Feuer langsamer aus als unter Nadelbäumen, wo das Harz die Flammen zusätzlich anfacht. Die Ausrichtung auf angepasste Laubbaumarten schreitet dabei auch im Geraer Stadtwald voran: Aktuell besteht der Stadtwald zu etwa 60 Prozent aus Laubbäumen. Neben dem Waldumbau gehört auch die regelmäßige Pflege der Waldwege zu den vorbeugenden Schutzmaßnahmen für Waldbrände: Sind diese freigeschnitten und beräumt, fehlt es dem Feuer an brennbarem Material, um sich weiter auszubreiten. Zudem wird dadurch abgesichert, dass die Feuerwehr schnell zum Brandherd gelangt.
Grund zur Entwarnung gibt es aber nicht: „Hitze und Trockenheit setzen dem Wald zu und fördern damit natürlich auch das Waldbrandrisiko. Auch in diesem Jahr musste die Feuerwehr schon mehrfach ausrücken. Dass dabei keine größeren Schäden entstanden sind, ist vor allem dem unermüdlichen Einsatz der Berufsfeuerwehr sowie den Freiwilligen Feuerwehren zu verdanken, aber auch dem wachsamen Auge der Geraer Bevölkerung, die immer einen Blick auf ihren Stadtwald hat“, so der Revierförster.
Ein weiteres Projekt des Revierförsters
Als weitere Maßnahme der Brandvermeidung werden im Stadtwald derzeit Rückhaltebecken angelegt, die Regenwasser auffangen und vorhalten. „Um der zunehmenden Trockenheit und Hitze zu begegnen, müssen wir versuchen, das Wasser im Wald zu halten. Das in den Rückhaltebecken gesammelte Wasser kann nach und nach ins Erdreich versickern und fließt nicht einfach nur den Berg hinunter“, so Felgner. Zudem könnten die Becken als Indikatoren dienen: Bleibt das Wasser über längere Zeit stehen und versickert nicht, ist der Waldboden offenbar noch besser mit Wasser versorgt, als es oberflächliche Anzeichen der Trockenheit vermuten lassen. Zudem können die Rückhaltebecken auch als Wasserstelle von verschiedenen Wildtieren genutzt werden.