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02. Jul. 2022

50 Jahre Neubaugebiet Lusan

Geras größter Stadtteil feiert Jubiläum

Luftaufnahme von Lusan aus 2005
Luftaufnahme von Lusan aus 2005

Geras größter Stadtteil Lusan feiert heute (2. Juli) unter dem Motto „Mit einem Fuß im Paradies – in Lusan ist was los. Bunt, vielfältig, kreativ“ seinen 50. Jahrestag mit einem großen Familienfest. Verteilt über den gesamten Stadtteil öffnen Einrichtungen, Vereine und Firmen ihre Türen und zeigen, was Lusan zu bieten hat. Begleitet wird die Veranstaltung von einem Bühnenprogramm mit Musik aus Lusan.

Oberbürgermeister Julian Vonarb eröffnete das Stadtteilfest:

„Die Menschen, die hier leben, haben im Grunde eine doppelte Stadtbürgerschaft. Sie sind nicht nur Geraer, sondern in erster Linie Lusaner. Viele von ihnen sind hier aufgewachsen und haben die Entwicklungen persönlich miterlebt und auch daran mitgewirkt. Lusan ist ein grüner Stadtteil mit einer optimalen Infrastruktur: gutes und bezahlbares Wohnen, medizinische Versorgung, Kindergärten und Schulen, Freizeitangebote, Vereinsleben, Einkaufsmöglichkeiten und eine direkte Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr.“

Besonderen Dank richtete er in seiner Rede an die Kindervereinigung, die mit dem Stadtteilbüro seit vielen Jahren sehr engagiert wichtige Stadtteil-Arbeit leiste, aber auch an die vielen Vereine und Initiativen, die sich für Lusan stark machen.

Das 50. Jubiläum begleitet die Menschen in Lusan durch das gesamte Jahr. Im Januar wurde es mit einem ökumenischen Gottesdienst eröffnet. Zeitzeugengespräche, Ausstellungen und weitere Veranstaltungen bieten darüber hinaus vielseitige Möglichkeiten, die Entwicklung von Lusan als Dorf hin zum größten Stadtteil Geras kennenzulernen oder Erinnerungen aufzufrischen.

Eröffnung des Stadtteilfestes durch Oberbürgermeister Julian Vonarb
Eröffnung des Stadtteilfestes durch Oberbürgermeister Julian Vonarb

Vom kleinen Dorf zur größten Plattenbausiedlung Thüringens

Lusan blickt auf eine beeindruckende und abwechslungsreiche Geschichte zurück. Erstmals urkundlich erwähnt wurde das Dorf „Losa“, slawisch für Sumpf- oder Gebüschbewohner, 1248. Dort, wo sich heute die Kirche St. Ursula, das SOS-Kinderdorf und die OTEGAU befinden, ist Alt-Lusan, der Ursprung des Stadtteils. Mitte des 19. Jahrhunderts gibt es in Lusan bereits zehn Bauerngüter, einige kleine Häuser, ein Schulgebäude und Schankwirtschaften. Im Januar 1919 erfolgt die Eingemeindung nach Gera. Bis weit nach Ende des zweiten Weltkrieges bleibt Lusan weitestgehend von der Landwirtschaft geprägt. Das ändert sich in den 1960er Jahren mit der Sozialpolitik der DDR. Eines der Schwerpunktprojekte des Wohnungsbaukombinates Gera zur Erfüllung des Wohnungsbauprogramms der SED ist ein rund 260 Hektar großes Neubaugebiet, das auf den Feldern Alt-Lusans entstehen soll. Bereits 1965 werden erste Planungen zum neuen Stadtteil veröffentlicht. Am 28. April 1972 erfolgt der symbolische Spatenstich für das Großbauprojekt. Vier Jahre später leben bereits 10.000 Menschen in Lusan. Parallel dazu entsteht die notwendige Infrastruktur mit einer vierspurigen Schnellstraße und neuer Straßenbahnlinie, mit Kindergärten, Schulen sowie Arztpraxen. Da Lusan zunächst als „Schlafstadt“ konzipiert ist, sehen die Planer kulturelle Einrichtungen und Gaststätten anfangs nicht vor. Erst mit der Eröffnung des Plzen-Restaurants 1980 entwickelte sich nach und nach ein urbanes Flair mit verschiedenen Dienstleistungseinrichtungen und Lusans erstem Eiscafé „Eiskristall“. Insgesamt entstehen drei Zentren, vier Kaufhallen und 28 Erdgeschosszonen mit Läden in Wohnhäusern.

Bis 1985 wächst Lusan zu dem größten Neubaugebiet im Bezirk Gera und in Thüringen heran: Knapp 45.000 Menschen leben zu diesem Zeitpunkt in rund 15.000 Wohnungen. „Das Wohnen in der Platte, in Fünf-, Sechs-, und Elfgeschossern hat heute eher einen negativen Ruf. Doch der Neubau in Systembauweise war in den 70er und 80er Jahren das Nonplusultra. Hier gab es Warmwasserheizung, Wasserspülung, eine Badewanne mit WC in der Wohnung und die Bausubstanz war trocken. All dies waren Vorteile gegenüber den Altbauten, deren Bewohnerinnen und Bewohner häufig noch mit Kohle heizten und sich das WC mit anderen teilen mussten“, erklärt Dr. Thomas Prill, Leiter des Geraer Stadtplanungsamtes. Die typisierte und rationelle Bauweise der Zeit hatte Folgen für die Kunst am Bau. Zur Verschönerung der gleichbleibenden Gebäudearchitektur wurden Plastiken und Wandgestaltungen genutzt, die Individualität sowie Kinder- und Jugendfreundlichkeit zum Ausdruck bringen sollten. Ein Beispiel dafür sind die rund achtzig Bildmosaiken über den Hauseingängen in der Zeulsdorfer Straße. Heute bildet Lusan den südwestlichen Teil Geras mit Verbindungen in das Stadtzentrum und in den offenen Landschaftsraum. Neben Lusan-Laune, Lusan-Zentrum und Lusan-Brüte gehören die Gemeinden Weißig, Röppisch und Zeulsdorf sowie die Einfamilienhausgebiete Sommerleithe und Dürrenebersdorf dazu.

Umfassender Stadtumbau seit der Jahrtausendwende

In Folge der gesellschaftspolitischen Wende unterliegt Lusan wie die Stadt selbst einem gravierenden strukturellen Wandel. Leben 1995 noch rund 40.000 Menschen in Lusan sind es sechs Jahre später nur noch 29.500. Mittlerweile hat sich die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner, die hier ihren Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldet haben, im Vergleich zu den 90er Jahren halbiert. Neben dem Bevölkerungsrückgang hat sich in Lusan auch die Altersstruktur deutlich verändert. Das Durchschnittsalter des ehemals jungen und kinderreichen Familienwohnorts liegt aktuell bei 51 Jahren. Jeder dritte Lusaner ist inzwischen älter als 65. Damit gehört Lusan zu den ältesten Stadtteilen Geras. „Lusan ist ein wichtiger gesamtstädtischer Wohnstandort, denn nach wie vor lebt fast jeder vierte Geraer hier. Allerdings stellt die soziodemografische Entwicklung des Stadtteils die Kommune und alle Akteure wie etwa Bildungsträger, Wohnungsunternehmen und die medizinische Versorgung weiterhin vor Herausforderungen“, betont Thomas Prill. Dem Bevölkerungsrückgang, der unter anderem einen Nachfragerückgang nach Wohnungen und Leerstände in Größenordnungen nach sich zog, begegneten die Stadtverwaltung und viele lokale Akteure, allen voran die Wohnungsunternehmen (WBG "Glück Auf" Gera e.G., WG "Neuer Weg" e.G., WBG UNION e.G., WBG "Aufbau" Gera e.G. und TAG Wohnen AG), seit Anfang der 2000er Jahre mit umfassenden Umbaumaßnahmen. Dazu gehören der Abriss, Teilrückbau sowie die Sanierung und Modernisierung der Wohngebäude, der Neubau von Einkaufszentren, die Sanierung von Schulen sowie die Spielplatzneugestaltung kommunaler rund privater Anlagen. Außerdem bietet die Aufnahme des Stadtteils in das Bund-Länder-Förderprogramm ‚Soziale Stadt 2015“ Chancen für eine nachhaltige Aufwärtsentwicklung Lusans. Dieses ermöglicht es, wichtige Maßnahmen zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität und barrierefreien Gestaltung des öffentlichen Raums sowie der Belebung der Stadtteilkultur umzusetzen.

Während die Wohnbebauung in Lusan mittlerweile zum Großteil einen guten Standard aufweist, sind in einigen Bereichen nach wie vor städtebauliche Defizite aufgrund von leerstehenden Handels- und Gewerbestandorten sowie unsanierten oder ungenutzten Infrastruktureinrichtungen vorhanden. „Unser Ziel ist es, die Quartiersentwicklung voranzubringen, um das Wohnumfeld weiter zu verbessern und den Stadtteil zukunftsfähig aufzustellen. Dazu gehören konkrete Maßnahmen wie etwa aktuell der Abriss des Albert-Schweitzer-Gymnasiums. Die Flächen werden begrünt und es werden erhebliche Ersatzpflanzungen vorgenommen. Außerdem liegen bereits konkrete Pläne für den Ersatzneubau der Fußgängerbrücke in der Nürnberger Straße vor“, so Baudezernent Michael Sonntag. Zu den wichtigsten Projekten der nächsten Jahre gehören demnach aber vor allem die Revitalisierung des Plzen-Centers und die Entwicklung des unmittelbar daran angrenzenden „Bildungscampus Lusan“ mit der Regelschule Die Vierte und der Grundschule Wilhelm Busch.

Bildungscampus Gera-Lusan: Neue Lernlandschaft mit Zukunft

Mit dem „Bildungscampus Lusan“ verbindet sich der Anspruch, im Zentrum des Stadtteils einen besonderen Ort der Bildung zu schaffen, der zugleich den Sozialraum aufwertet und einen städtebaulichen Impuls setzt. Dazu werden die Regelschule gemeinsam mit der Grundschule, den zugehörigen Sporthallen, den weitläufigen Außenanlagen und dem leer stehenden Gebäude Elsterberger Straße 6 betrachtet. Im Mittelpunkt des Bildungscampus steht die Sanierung der Regelschule, die für den Campus sowohl Chance als auch Voraussetzung ist und einen Mehrwert für den Standort insgesamt generieren soll. Die zur Verfügung stehenden Gebäude und die weiträumigen Außenanlagen bieten zudem vielfältige Möglichkeiten zur Gestaltung moderner Bildungs- und Begegnungsräume für die schulische und außerschulische Nutzung. Insgesamt besteht das Großbauvorhaben aus fünf Teilprojekten: Sanierung und Umbau der Regelschule, Sanierung und Umbau Elsterbergerstraße 6, Neubau einer Zweifelder-Sporthalle mit Mehrzwecknutzung, Sanierung der Sporthalle in der Saalfelder Straße 24 sowie der Freianlagen. Von dem neuen Bildungscampus  verspricht sich die Stadt Gera einen Imagewandel für den Bildungsstandort, von dem nicht nur alle Campus-Partner, sondern das gesamte Quartier profitieren wird. Momentan wird für alle Teilprojekte die Entwurfsplanung erarbeitet. Parallel dazu sucht die Stadt Gera Fördermöglichkeiten, um das Vorhaben finanzieren zu können.

Mehr Informationen zur Geschichte Lusans bietet unter anderem die Geschichtswerkstatt der TAG Wohnen mit einer Dauerausstellung zur Entwicklung des Stadtteils.

Kastanienstraße 7, 07549 Gera
Do. 15 bis 17 Uhr
und nach Vereinbarung

https://tag-wohnen.de/gera/geschichtswerkstatt-in-lusan